Die Arbeiter von Wien: Wir sind das Bauvolk der kommenden Welt ...

Dem politischen Volkslied kam in der Geschichte der Arbeiterbewegung eine besondere Bedeutung zu. Als soziales Lied hat es eine lange und stolze Tradition, die bis in die Zeit der Bauernkriege reicht. Das Lied "Die Arbeiter von Wien" drückt den Glauben an eine bessere Zukunft aus: "Wir sind die Zukunft und wir sind die Tat".

Zukunftsglaube. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Menschen es selbst in die Hand nehmen müssen, die Welt zu verändern. Sie dürfen nicht warten, bis jemand anderes ihre Lage verbessert. Dies wird besonders in der Zeile "Wir sind das Bauvolk der kommenden Welt" deutlich.

Geschichte. Zur Entstehungsgeschichte dieses Liedes gibt es verschiedene Versionen: Die eine gibt das Jahr 1927 (Unruhen vom 15. Juli) als mögliches Entstehungsjahr, eine andere den Internationalen Jugendtag 1929 in Wien als Uraufführungsdatum an. Die angeblich  wahrscheinlichere Version nennt den Februar 1934.

Brand des Justizpalastes. Im Jänner 1927 wurde eine Versammlung der Sozialisten in Schattendorf von den Faschisten der Heimwehr aus dem Hinterhalt beschossen, dabei wurden zwei Menschen getötet. Im Juli 1927 wurden diese Mörder freigesprochen. Dies führte am 15. Juli 1927 zu einer Großdemonstration der Wiener Arbeiter, die von der Polizei mit Waffengewalt gesprengt wurde. Dabei gab es 89 Tote. Die Folge war ein 24stündiger Generalstreik und eine unbeschränkte Arbeitsniederlegung bei der Eisenbahn und der Post. Ausgehend von dieser politischen Situation soll dieses Lied entstanden sein.


Zweiter Internationaler Arbeiterjugendtag. Faktum dürfte sein, dass das Lied der "Arbeiter von Wien" jedenfalls 1929 beim Zweiten Internationalen Arbeiterjugendtag in Wien öffentlich bekannt wurde oder zumindest erstmals offiziell aufgeführt wurde. Fritz Brügel (1897-1955) dürfte diesen Text geschrieben haben. Brügel, ein produktiver Schriftsteller und Journalist aus einer sozialdemokratischen Familie, war in dieser Zeit als Theaterkritiker für die "Arbeiter-Zeitung" tätig, hauptberuflich war er 1922-1934 Leiter der sozialwissenschaftlichen Studienbibliothek der Wiener Arbeiterkammer. Das Lied wird auf die von Samuel Pokrass komponierte Melodie eines etwas älteren sowjet-russischen Marschliedes der Roten Armee von 1920 gesungen. Den Text des russischen Liedes mit dem Originaltitel "Weiße Armee, schwarzer Baron" schrieb P. Grigoriew.

Februarkämpfe 1934. Größere Verbreitung erhielt das Lied sicherlich 1934 während und nach den Februarkämpfen zwischen österreichischer Arbeiterbewegung und faschistischer Regierung und Organisationen. Vor allem in Wien, der Steiermark und Oberösterreich erhoben sich die Arbeiter gegen den Austrofaschismus. Der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen. Obwohl der Aufstand scheiterte, beflügelte die Nachricht von den Wiener Arbeitern, die zu den Gewehren gegriffen hatten, den antifaschistischen Widerstand in ganz Europa und das Lied "Die Arbeiter von Wien" fand Eingang in das internationale antifaschistische Liedrepertoire.

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